Helbig / Quinkenstein / Engel & Schweine
22.04.2017 | 19:00 Uhr | Deutsch | Eintritt: 4 € |
„Sie hatte immer Angst, etwas umzustoßen, etwas zu zerbrechen, ständig fürchtete sie, ein falsches Wort könne ihr herausrutschen, jeden Schritt, den sie in der Öffentlichkeit tat, sah sie als Auslöser einer Katastrophe.“
Voller Hoffnung auf ein besseres Leben kommt Gisela Stopa Anfang der 1980er Jahre aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland. Dort muss sie erkennen, dass es für sie als „Wurstmenschin“ – ein Wesen von fragwürdiger Identität – alles andere als einfach ist, im goldenen Westen Fuß zu fassen. Gisela stolpert durch die Labyrinthe des Alltags, lernt Deutsch und passt sich an. Sie lindert ihr Heimweh mit einem Studium der Slawistik, verirrt sich in Beziehungen, verzweifelt an den Weisheiten von Psychologen und lässt sich trösten von den verständnisvollen polnischen Putzfrauen, die nach der Wiedervereinigung in die neue deutsche Hauptstadt strömen.
Mit präziser Beobachtungsgabe und einem Sinn für schrägen Humor schreibt Brygida Helbig vom Leben zwischen Polen und Deutschland, einem Leben mit mehreren Identitäten. Gisela Stopa auf ihrem Weg durch zwei Jahrzehnte deutsch-polnischer Beziehungen und damit verbundener Missverständnisse zu begleiten, führt zu der simplen wie schönen Erkenntnis: Gisela Stopa – das bin auch ich.
Moderation: Lothar Quinkenstein
Das Gespräch findet auf Deutsch statt.
Brygida Helbig – deutsch-polnische Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin, geb. in Stettin, seit 1983 in Deutschland, lebt in Berlin. Autorin von Romanen, Erzähl- und Lyrikbänden und dramatischen Werken. Ihr satirischer Prosaband „Enerdowce i inne ludzie“ („Ossis und andere Leute“, 2011) wurde für den wichtigsten polnischen Literaturpreis NIKE und für GRYFIA nominiert, ihr Roman „Niebko“ („Himmelchen“, 2013) kam ins Finale des NIKE-Preises. 2016 erschienen der Erzählband „Engel und Schweine“ (Anioly i swinie w Berlinie) und der Roman „Inna od siebie“. Im „Teatr Studio am Salzufer“ in Berlin wurde das auf ihren Texten basierende Stück „Pfannkuchen, Schweine, Heiligenscheine“ (Reg. Janina Szarek) aufgeführt.
Lothar Quinkenstein, Literaturwissenschaftler, Schriftsteller und Übersetzer aus dem Polnischen. Seit 2012 Dozierender im Studiengang Interkulturelle Germanistik am Collegium Polonicum an der Viadrina Universität in Frankfurt (Oder). Zuletzt von ihm erschienen: „Erinnerung an Klara Blum. Essays und Kritiken aus der Mitte Europas“ (Röhrig Universitätsverlag, 2015), die Übersetzungen von Henryk Grynbergs Erzählband „Der Sieg“ (Hentrich&Hentrich, 2016) und des Essaybands „Unkünstlerische Wahrheit“ (Hentrich&Hentrich, 2014), sowie die Übersetzungen von Brygida Helbigs „Engel und Schweine“ (Freiraum Verlag, 2016) und Ludwik Herings „Spuren. Drei Erzählungen“ (Edition Fototapeta, 2016).